Lehrveranstaltung für arabischsprachige geflüchtete Juristinnen und Juristen zu den Themen „Familiennachzug und Individualarbeitsrecht“

Grafik: IRZ
Grafik: IRZ
Multilateral

Im Rahmen des Förderungsprojekts zur nachhaltigen Unterstützung des juristischen Nachwuchses aus dem Nahen Osten veranstaltete die IRZ am 24. und 25. Oktober 2021 ein Online-Seminar für arabischsprachige geflüchtete Juristinnen und Juristen zu den Themen „Familiennachzug und Individualarbeitsrecht“. Die Veranstaltung wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) finanziert.

Durch die Evaluation der letzten Präsenzveranstaltung im August 2021 wurde deutlich, dass das Thema Asylrecht von besonderem Interesse für die Teilnehmenden ist. Aus diesem Grund legte die IRZ hier den inhaltlichen Schwerpunkt der Lehrveranstaltung und vertiefte das Thema. Das Seminar zielte darauf ab, die arabischsprachigen geflüchteten Juristinnen und Juristen dabei zu unterstützen, ihre bereits erworbenen juristischen Kenntnisse in den Bereichen Asyl- und Arbeitsrecht zu erweitern und auf diese Weise ihre soziale und berufliche Integration zu fördern. 

Nach der Begrüßung zu Beginn des Seminars stellten sich die Teilnehmenden zunächst vor: Einige hatten das juristische Studium in ihrem Heimatland abgeschlossen und waren dort bereits als Anwältinnen und Anwälte tätig gewesen. Andere wiederum hatten an einer deutschen Universität studiert und ein Masterstudium (LL.M) abgeschlossen. 

Im Auftrag der IRZ beteiligten sich an der Veranstaltung folgende Expertinnen und Experten: 

  • Rechtsanwältin Dr. Helena Isabel Maier 
  • Manuela Landuris, Selbstständige Beraterin für internationales Privatrecht und internationales Familienrecht
  • Franz Beil, Volljurist (Interessenschwerpunkt Arbeits- und Sozialrecht)

Die Teilnehmenden konnten durch die Expertenvorträge ihre erworbenen Kenntnisse im Asylrecht vertiefen. Konkret ging es dabei unter anderem um das Verfahren, die Antragstellung, die Verfahrensdauer und die Besonderheiten im Familiennachzug. Darüber hinaus machten sich die Teilnehmenden mit den Grundlagen des Arbeitsrechts anhand von praxisrelevanten Beispielen vertraut. Dabei ging es um die Begründung, den Inhalt und die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. 

Die Teilnehmenden, für die die Themen des Seminars privat und beruflich von großer Relevanz sind, nutzten die Fachvorträge für lebhafte Diskussionen und einen intensiven Erfahrungsaustausch mit den Expertinnen und Experten. 

Im November und Dezember 2021 erhalten ausgewählte Teilnehmende die Möglichkeit zu einer zweiwöchigen Hospitation zum Thema Asylrecht in einer Anwaltskanzlei, um dadurch Einblicke in die praktische Arbeit zu erhalten und einen leichteren Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu finden.

Multilaterales Hospitationsprogramm für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

Die Teilnehmenden des multilateralen Hospitationsprogramms für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit dem Vertreter der BRAK, Rechtsanwalt Khalil Hassanain (2.v.l.)
Die Teilnehmenden des multilateralen Hospitationsprogramms für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit dem Vertreter der BRAK, Rechtsanwalt Khalil Hassanain (2.v.l.)
Multilateral

Gemeinsam mit der Bundesrechtsanwaltskammer und dem Deutschen Anwaltverein führt die IRZ seit 1994 jährlich ein multilaterales Hospitationsprogramm in deutscher Sprache für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte durch. Nachdem das Programm 2020 wegen der COVID-19-Pandemie ausgefallen war, konnte es nun vom 24. September bis 28. Oktober 2021 als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden. 

Voraussetzung für die Teilnahme war das Vorliegen eines vollständigen, EU-konformen Corona-Impfschutzes. Unter anderem aufgrund dieser Vorgabe, die nicht alle erfüllen konnten, verblieb aus dem Kreis der 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des ausgefallenen Hospitationsjahrgangs 2020, denen die Teilnahme erneut angeboten wurde, eine kleine Gruppe von sechs Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aus fünf Ländern, die zum Hospitationsprogramm anreisten. 

55 20211126 multilateral anwaltshospitation 1
Während eines Seminars

Das achttägige Einführungsseminar in Bonn zu Beginn des Programms beinhaltete Themen des deutschen anwaltlichen Berufsrechts, die den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Vortragenden der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltverein nähergebracht wurden sowie ausgewählte Themen des deutschen und europäischen Zivil- und Wirtschaftsrechts, die Vortragende aus der Anwaltschaft präsentierten. 

Im Anschluss hospitierten die Teilnehmenden dreieinhalb Wochen in Anwaltskanzleien, wo sie ihre Kenntnisse des deutschen Rechts praxisbezogen vertiefen und Einblicke in die Tätigkeit und Arbeitsweise ihrer deutschen Kolleginnen und Kollegen nehmen konnten. Zum Abschluss fand ein eintägiges Auswertungsseminar in Bonn statt, das der schriftlichen Evaluierung der Maßnahme durch die IRZ sowie dem mündlichen Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gewidmet war. 

An der gewohnten Dauer des Hospitationsprogramms und seinem Aufbau wurden auch unter den herrschenden Pandemiebedingungen keine Einschnitte vorgenommen. Im Sinne des größtmöglichen fachlichen Nutzens des Hospitationsprogramms für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer war es auch unter aktuellen Rahmenbedingungen wichtig, die Verknüpfung von Theorie und Praxis, die das Hospitationsprogramm auszeichnet, beizubehalten. Den Teilnehmenden wurde auch der erforderliche zeitliche Rahmen zur Verfügung gestellt, um den intensiven fachlichen Austausch untereinander und mit den Anwältinnen und Anwälten ihrer gastgebenden Kanzleien zu ermöglichen. 

Auf diese Aspekte wird bei der Planung und Umsetzung des Hospitationsprogramms stets besonderer Wert gelegt. Nur so kann der Grundstein für das Erreichen des angestrebten langfristigen Ziels des Hospitationsprogramms, die Förderung der länderübergreifenden anwaltlichen Zusammenarbeit, gelegt werden.

Sechste Fortbildung für arabischsprachige geflüchtete Juristinnen und Juristen

Während des Seminars
Während des Seminars
Multilateral

Vom 23. bis 26. August 2021 richtete die IRZ in Bonn zum sechsten Mal eine mehrtägige Fortbildung für arabischsprachige Juristinnen und Juristen aus. Dieses Mal waren die Themen „Grundlagen des Asylrechts“ und „Soft Skills – Schlüsselqualifikationen für Juristinnen und Juristen“. Die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) finanzierte Veranstaltung fand unter besonderer Berücksichtigung der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen statt.

Nach der Eröffnung des Seminars von Seiten der IRZ stellten sich die fünfzehn Teilnehmenden zunächst vor. Während einige das Studium in ihrem Heimatland im Nahen Osten abgeschlossen haben und dort bereits als Anwältinnen und Anwälte tätig gewesen waren, haben andere ein Masterstudium (LL.M.) an einer deutschen Universität absolviert. 

Das Seminar bot den Teilnehmenden die Gelegenheit, die Grundlagen des deutschen Asylrechts und den Ablauf des Asylverfahren in Deutschland kennenzulernen. Außerdem ging es um die Schlüsselkompetenzen für Juristinnen und Juristen. Die Referenten unterstrichen in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der sozialen Kompetenz. 

Im Auftrag der IRZ beteiligten sich an der Lehrveranstaltung Dr. Arnd Weishaupt, Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, Uwe Stark, Richter am Amtsgericht Siegen, sowie Prof. Dr. Lasse Gundelach, Rechtsanwalt und Dozent an der Katholischen Hochschule Mainz. Sie behandelten die folgenden Themenschwerpunkte anhand von Fallbeispielen aus der Praxis:

  • Grundlagen des Asylrechts: Einführung in das Asylrecht in Deutschland, Aufenthaltserlaubnis, Befristung, Duldung, Familienzusammenführung, Zugang zum Arbeitsmarkt, praxisrelevante Fallbeispiele. 
  • Soft Skills – Schlüsselqualifikationen für Juristinnen und Juristen: Juristische Argumentationskompetenz und Rhetorik, überzeugende Präsentation juristischer Inhalte und Ergebnisse, effizientes Lernen von juristischem Wissen, effektives Arbeiten in Gruppen, Zeit- und Selbstmanagement. 

Neben den Fachvorträgen zu den oben genannten Themen, hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, ein Online-Fachgespräch mit Felix Ross zu führen. Der Direktor für Rechtsangelegenheiten bei den Vereinten Nationen, UN Bonn, stellte ihnen die Arbeit und Organisationsstruktur seiner Abteilung sowie Arbeits- und Praktikumsmöglichkeiten vor. 

Außerdem besuchten die Teilnehmenden Gerichtsverhandlungen in der Zivil-, Wirtschaftsstraf- und Strafkammer des Landgerichts Bonn. 

Das Seminar war durch lebhafte Diskussionen geprägt. Die Teilnehmenden tauschten sich intensiv mit den Experten über ihre praktischen Erfahrungen aus.

Die Lehrveranstaltung trug dazu bei, die soziale und berufliche Integration der arabischen geflüchteten Juristinnen und Juristen und ihr Verständnis für rechtliche Zusammenhänge in Deutschland nachhaltig zu fördern.

Ein weiterer wichtiger Teil des Fortbildungskonzepts ist die Hospitation der Teilnehmenden in einer Anwaltskanzlei oder einem Wirtschaftsunternehmen, um dadurch Einblicke in die praktische Arbeit zu erhalten, ein Netzwerk aufzubauen und sich den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Alle Seminare für die arabischsprachigen geflüchteten Juristinnen und Juristen aus der Region des Nahen Ostens seit 2016 waren erfolgreich und für die weitere Qualifizierung der Teilnehmenden relevant. Daher beabsichtigt die IRZ, das Fortbildungsprojekt zu weiteren juristisch relevanten Themen fortzuführen.