Kosovo - Jahresbericht 2016

Professor Dr. Jan Bergmann (Stirnseite, rechts) während des Seminars zum Thema „Verfassungsgerichtliche Medienarbeit“ in Pristina

Professor Dr. Jan Bergmann (Stirnseite, rechts) während des Seminars zum Thema „Verfassungsgerichtliche Medienarbeit“ in Pristina

Strategische Rahmenbedingungen

Rechtspolitische Ausgangslage

Der aktuelle Fortschrittsbericht der EU für die Republik Kosovo, der im Herbst 2016 veröffentlicht wurde, bescheinigt dem Kosovo unter anderem gute Fortschritte bei den Reformen im Justizwesen. Als Erfolg darf auch das im Oktober 2015 unterzeichnete und am 1. April 2016 in Kraft getretene Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Republik Kosovo gewertet werden, das die erste vertragliche Beziehung zwischen der EU und der Republik Kosovo darstellt. Dieses Abkommen stellt ein umfassendes Regelwerk für den näheren politischen Dialog und die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen dar. Damit konnte die Republik Kosovo, die 2008 von der EU-Kommission unter Hinweis auf die UN-Resolution 1244 (die den endgültigen völkerrechtlichen Status offenlässt) zum offiziellen Beitrittskandidaten erklärt wurde, einen weiteren wichtigen Schritt im Hinblick auf die Annäherung an die EU gehen. Dennoch weist die EU in ihrem Bericht auch darauf hin, dass insbesondere die Justizverwaltung nach wie vor nicht effizient genug arbeite und die Justiz politischen Schwankungen ausgesetzt sei. Neben der Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist der Kampf gegen Korruption eines der zentralen Themen, dem sich die junge Republik immer wieder stellen muss. Zwar wurden unter anderem diverse Verfolgungsmechanismen von Korruption auf den unterschiedlichsten Ebenen eingesetzt und auch im EU-Fortschrittsbericht lobend erwähnt, jedoch bleibt Korruption in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens ein ernstes Problem. Auch wenn durch die bis 2017 andauernde Antikorruptionsstrategie der kosovarischen Regierung schon vieles unternommen wurde, die Korruption im Land zu bekämpfen, bleibt ein starker politischer Wille, dieses Problem auf eine umfassende Weise anzugehen, bis auf weiteres unabdingbar. Die seit Juli 2016 im Amt stehende Justizministerin Dhurata Hoxha hat angekündigt, eine neue Justizreformstrategie auszuarbeiten, um die Reformen in den kommenden Jahren weiter voranzutreiben.

Konzeption

Seit dem Jahr 2001 zählt der Kosovo zu den Partnerstaaten der IRZ.

In den vergangenen 15 Jahren konnten eine Vielzahl an bilateralen Maßnahmen organisiert und erfolgreich umgesetzt werden. Neben den Maßnahmen aus der bilateralen Zusammenarbeit implementiert die IRZ auch eine Vielzahl an EU-Projekten im Land (siehe Seite 104 f.). Im Rahmen von Workshops, Seminaren, Studienreisen und Diskussionsrunden intensivierte die IRZ ihre bereits bestehenden Kontakte zu Partnern wie dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht der Republik Kosovo, dem Justizministerium und der Juristischen Fakultät der Universität Pristina. Kontakte wurden 2016 auch zu dem neu gegründeten Kosovo Prosecutorial Council und UNICEF Kosovo geknüpft.

Tätigkeitsschwerpunkte 2016

Verfassungsrecht / Menschenrechte und deren Durchsetzbarkeit

  • Workshop zum Thema „Anti-Korruption“ mit Richterinnen und Richtern des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts der Republik Kosovo in Thessaloniki, Griechenland
  • Seminar „Umgang mit Medien, Verfassungsprozessrecht und Menschenrechtsschutz verbunden mit der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte“ für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts der Republik Kosovo in Pristina
  • Vorlesung „Common Tendencies of Constitutional Law in Europe“ in Zusammenarbeit mit der Universität Pristina für Studierende der Rechtswissenschaften an der Universität Pristina und im Anschluss daran ein runder Tisch mit Richterinnen und Richtern des kosovarischen Verfassungsgerichts
    Rechtspflege
  • Mehrtägige Fact-Finding-Mission beim Kosovo Prosecutorial Council durch einen deutschen Experten zur Abklärung des konkreten Beratungsbedarfs
  • Erstes Sondierungsgespräch zur Beratung bei der Ausarbeitung eines Zivilgesetzbuches für den Kosovo zwischen der kosovarischen Justizministerin und der IRZ

Strafrecht und Strafvollzugsrecht

  • Studienreise einer Delegation des Justizministeriums der Republik Kosovo sowie von Vertreterinnen und Vertretern von UNICEF Kosovo zum Thema „Jugendgerichtsbarkeit“ mit Besuchen des Niedersächsischen Justizministeriums, des Amtsgerichts Göttingen und des offenen Jugendvollzugs Göttingen
  • Arbeitstreffen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von UNICEF Kosovo mit der IRZ zur Beratung über eine künftige Kooperation auf dem Gebiet der Jugendgerichtsbarkeit
  • Aus- und Fortbildung Teilnahme von drei Studierenden der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Pristina an der IRZ-Sommerschule „Deutsches Recht“ in Brühl und Bonn

EU Twinning-Projekte

Ausblick

Auch im Jahr 2017 soll die bilaterale Zusammenarbeit mit den bisherigen Partnerinstitutionen ihre Fortsetzung finden. Mit bewährten Partnern wie dem Verfassungsgericht und dem Obersten Gericht der Republik Kosovo, der Juristischen Fakultät der Universität Pristina und dem Justizministerium sind wieder diverse Projekte in der Planung. Aber auch Projekte mit neuen Partnern wie dem Kosovo Prosecutorial Council oder UNICEF Kosovo werden avisiert. Des Weiteren wird die IRZ aller Voraussicht nach das kosovarische Justizministerium bei der Ausarbeitung eines Zivilgesetzbuches beraten. Erste Gespräche hierzu fanden zwischen der kosovarischen Justizministerin und der IRZ Ende 2016 in Pristina statt. Der Beginn der Beratung ist für Anfang 2017 geplant.

Laden Sie hier den gesamten Jahresbericht der IRZ im PDF-Format herunter: Jahresbericht 2016.